Akute Belastungsstörung, Posttraumatische Belastungsstörung, Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung

Bei vielen umgangssprachlich als „Traumata“ bezeichneten Ereignissen – zum Beispiel Ablehnungserfahrungen, Trennungen von Partner/n, handelt es sich nach definierten Trauma-Kriterieren/Definitionen NICHT um traumatische Ereignisse.

Dennoch kann es sich für die betroffene Person um eine sehr belastende Erfahrung handeln, die gegebenenfalls eine psychotherapeutische Intervention erfordert. Mehr zum Thema Selbstregulierung in Beziehungen findest du im folgenden Blogartikel.

01  Trauma und Belastungsstörungen

Zur leitliniengerechten Diagnosestellung und Feststellen der Therapieindikation muss das Zutreffen bestimmter Kriterien geprüft werden. Für das Vorliegen eines traumatischen Ereignisses gilt: Eine drohende oder tatsächliche Verletzung der psychischen und/oder physischen Integrität muss bestanden haben.
 
02  Kriterienschlüssel ICD 11
 
Laut WHO (World Health Organisation 2018) wird im neuen Schlüssel ICD-11 ein traumatisches Ereignis oder eine Serie von Ereignissen zugrunde gelegt, welche als extrem bedrohlich oder furchtbar beschrieben wird.
 
Je nach verwendetem Diagnosesystem (zum Beispiel DSM-5-American Psychiatric Association APA 2015) können sich die Kriterien etwas unterscheiden. 
 
03  Akute Belastungsstörung
 
Eine akute Belastungsstörung bezeichnet einen kurzen Zeitraum von aufdringlichen/einflutenden Erinnerungen, welche innerhalb von wenigen Wochen auftritt, nachdem ein Mensch Betroffener oder Zeuge eines überwältigende traumatischen Erlebnisses wurde.
 
Zu weiteren Stressreaktionen gehören die Vermeidung von Reizen, die an das Erlebnis erinnern, negative Stimmung, hohe Erregung, Erinnerungslücken und Dissoziieren (siehe auch unter 05).
 
Wenn signifikante Symptome länger als 1 Monat andauern, sollte diagnostisch abgeklärt werden, ob eine posttraumatische Belastungssstörung PTBS vorliegt.
 
04  PTBS Posttraumatische Belastungsstörung
Drei symptomatische Reaktionen
 
Drei Symptomgruppen, die als Reaktion auf das Erleben eines traumatischen Ereignisses auftreten, definieren das Störungsbild der PTBS.

1_Wiedererleben

2_Vermeidung
3_Übererregung/Wahrnehmung von Bedrohung
 
Um zu verhindern, dass eine – normal auftretende – Belastungsreaktion fälschlicherweise als PTBS diagnostiziert wird, gibt es Kriterien für a) Schweregrad und b) Dauer der Symptome. Es gibt weiterhin auch eine Betrachtung bezüglich der Reaktion auf traumbezogene Stimuli:
 

05  Dissoziation: Depersonalisation und Derealisation

Mit Depersonalisation ist die Empfindung gemeint, sich außerhalb des oder losgelöst vom eigenen Körper zu befinden – zum Beispiel, sich wie in einem Traum zu befinden oder so, als ob es einem selbst grade nicht passiert. Mit Derealisation geht die Empfindung von Unwirklichkeit einher, von Distanz oder Verzerrung, so als seien die Dinge nicht real.
 
06  Zeitlich verzögertes Auftreten von Symptomen bei PTBS 
 
Auch wenn einzelne Symptome unmittelbar nach dem schlimmen Erfahrenen aufgetreten sind, treten massive Störungsbilder meist mindestens nach 6 Wochen des Geschehens auf.
 
07  KPTBS  Komplexe posttraumatische Belastungssstörung 
Angang der 90er Jahre schlug eine amerikanische Psychiaterin erstmalig die Diagnose der komplexen PTBS vor. Ihr Vorschlag der KPTBS wurde als Diagnose in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, bis sie angenommen wurde. 
 
So wurde festgestellt, dass Betroffene von wiederholenden oder langanhaltenden von Menschen verursachten Traumata ein viel komplexeres Muster an Problemen zeigen, die durch die Diagnose der klassischen PTBS nicht ausreichend erklärt werden konnten. 
 
Der neue Diagnoseschlüssel  erlaubt es, Patienten und Patientinnen mit einem tiefgreifenden Störungsbild adäquat zu beschreiben, ohne sie mit dem Stigma einer Persönlichkeitsstörung zu behaften.
 
08  KPTBS Symptome
 
Betroffene mit komplexer Symptomatik zeigen Probleme in der Emotionsregulation, gesteigerte Impulsivität und Stimmungsschwankungen, Hoffnungslosigkeit und starke Verzweiflung. Störungen in der Selbstwahrnehmung, wie tiefer Selbsthass, selbstverletzendes Verhalten, mangelnde Selbstfürsorge und Suizidalität sind vorhanden.
 
Die Beziehungsfähigkeit ist eingeschränkt durch dysfunktionale Beziehungsmuster, starkes Misstrauen, was oft zu Beziehungs/ab/brüchen führt. 
 
Eine verzerrte Wahrnehmung des Täters oder der Täterin kann zu einer paradoxen Täter-Loyalität oder Idealisierung, als auch zu starken Rachegefühlen führen. 
 
Depersonalisation und Derealisation sind ebenso oft gegeben.
 

09  KPTBS  Komplexe posttraumatische Belastungsstörung –
Drei Symptomgruppen

Damit eine KPTBS diagnostiziert werden kann,  müssen die drei Kernssymptomgruppen der PTBS in klinisch signifikantem Ausmaß vorhanden sein…:
1_Wiedererleben,
2_Vermeidung,
3_Wahrnehmung einer gegenwärtigen Bedrohung

…außerdem Einschränkungen in drei weiteren Bereichen (Zusatzsymptome):
4_anhaltende und schwere Probleme mit der Affektregulation
5_dauerhafte Überzeugungen  „wertlos“, gescheitert, schlecht zu sein/negatives Selbstkonzept
6_anhaltende Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich anderen Personen nahe zu fühlen.

 

Auch bei der KPTBS muss die Symptomschwere ein Ausmaß annehmen, dass eine signifikante funktionelle Beeinträchtigung in wichtigen Lebensbereichen vorliegt.
 
10  Häufigkeit von PTBS und KPTBS
 
Das Risiko jemals in seinem Leben ein potenziell traumatisches Ereignis zu erleben ist hoch. Die häufigsten Ereignisse sind bezeugte Situationen, Unfälle und körperliche Gewalt. Doch nur eine Minderheit der betroffenen Personen entwickelt anschließend eine PTBS oder KPTBS.
 
Studien verdeutlichen jedoch auch, dass in jedem Alter mit dem Auftreten einer PTBS gerechnet werden kann, unabhängig vom vorherigen Zeitpunkt des traumatischen Ereignisses.
 
11  Risiko- und Schutzfaktoren, Verläufe
 

Welche Aspekte spielen für die Entstehung und den Verlauf einer PTBS eine Rolle?

Geschlecht, Alter, soziodemographische und familiäre Faktoren sind wirksam, ebenso wie die Art der Traumatisierung. Hierzu gibt es unterschiedliche, leicht variable Einschätzungen bezüglich der Traumatypologie. 
 
Analysen haben bestätigt, dass die soziale Unterstützung einer der wichtigsten Faktoren nach Traumaeinwirkungen ist: Diese wirkt sich sehr auf das spätere Ausmaß der PTBS Symptomatik aus.
 
12  Wichtige förderliche Faktoren für ein gutes Selbstkonzept
 
In der Interaktion mit anderen Menschen zeigt sich, dass ein gutes wie weniger gutes Selbstkonzept unmittelbar verbunden ist mit anderen Menschen: Schuld, Scham, Wut, Ärger, Rache, Drang nach Vergeltung sind soziale Affekte. Das größte Glück, sowie das größte Leid entsteht in Beziehungen.
 
Offenheit im Umgang mit Erlebtem und eine achtsame Reaktion darauf unterstützen die Verarbeitung der Erfahrung von Betroffenen. Im Gegensatz dazu führt soziale Ablehnung dazu, dass Opfer ihre Erfahrungen aus verschiedenen Gründen nicht ausdrücken.
 
Im gesellschaftlich/kulturellen Kontext geht es um „hinschauen“, um Aufdeckung von Missständen und somit um die Werteorientierung in einer Gesellschaft.
 
Mehr zum Thema Selbstregulation in Beziehungen findest du im folgenden Blog-Artikel.
 
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