Jugendliche – Übergang und Ausnahmezustand

Während die Kinder langsam zu jungen Erwachsenen heranwachsen, stehen Eltern vor der Aufgabe, Jugendlichen den nötigen Freiraum zur Selbstentfaltung zu geben und gleichzeitig eine stabile und unterstützende Umgebung zu bieten. Es liegt an den Eltern, dem Kind zu helfen, mehr Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln und sich kooperativ zu verhalten.

01  Auf Jugendliche weiterhin Zugriff haben 

Viele Eltern haben den Wunsch, ihr Kind immer wieder „in Ordnung zu bringen“ und eine schnelle Lösung für Probleme und Streitigkeiten zu finden.

Es ist jedoch unmöglich, ein älteres Kind zu zwingen, eine Person zu sein, die es nicht (mehr) ist. Das „Kind“ ist auf „einer anderen Insel“ – es lernt sich selbst gerade in einem „Ausnahmezustand“ kennen.

02  Wachstumsschub Pubertät und Veränderungsschub Adoleszenz

Mit Pubertät ist die körperliche Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale im Sinne biologischer Reifung gemeint. Veränderungen der Körpergröße und des Körpergewichts bedingt durch einen Wachstumsschub gehören ebenso dazu, wie insgesamt hormonelle Veränderungen und die Entwicklung von Organen wie Herz, Lunge und Gehirn.

Als  Adoleszenz ist die seelische Auseinandersetzung mit den körperlichen und psychosozialen Veränderungen an der Schwelle zum Erwachsenwerden gemeint.

03  Erwachsen werden

Wann ist das Gehirn erwachsen? Wenn wir 18 Jahre alt werden, gelten wir offiziell als volljährig. Das Gehirn hinkt jedoch ein wenig hinterher: Mit etwa 25 Jahren ist der Prozess abgeschlossen. Das Gehirn hat nun seine spätere Grundstruktur: Geschätzte 50 Prozent davon sind erblich festgelegt, die restlichen 50 Prozent setzen sich aus Erlebtem, Erfahrenem und Gelerntem zusammen.

Vor allem Synapsen, die Schaltstellen zwischen Nervenzellen, werden in der Adoleszenz abgebaut. Dennoch verfügt ein erwachsenes Gehirn später immer noch über Milliarden Synapsen. Denn bis zum Beginn der Pubertät gab es davon eine regelrechte Überproduktion.

04  Selbst/Zweifel, Unsicherheiten, Ängste, Krisen

Die pubertäre Phase ist eine Zeit des Zweifelns und der Unsicherheit. Die Pubertierenden fühlen sich nicht mehr als Kind, aber die Welt der Erwachsenen erscheint oft unverständlich und mysteriös.

Es kommt einiges zusammen: Unter anderem das Gefühlschaos der ersten Liebe, Probleme mit dem veränderten eigenen Körper. das Neu-Beurteilen der eigenen Familie, der Schulalltag mit den eingeforderten Leistungen und Gruppendynamiken unter Gleichaltrigen.

Die Nicht-Bewältigung von entsprechenden Entwicklungsaufgaben der Selbstentwicklung und Beziehungsregulation können zu adoleszenten Krisen führen. Diese stellen akute Störungen der Anpassung im Jugendalter dar.

Zu den häufigsten Störungen, die mit dem Jugendalter beginnen, gehören Angststörungen, depressive Störungen und Essstörungen. Dazu kommen Störungen des Sozialverhaltens und Suchterkrankungen.

05  Eine positive Beziehung aufbauen 

„Pubertät beginnt dann, wenn die Eltern beginnen
blöd oder spießig zu werden“.

Viele Eltern stehen vor einer großen Herausforderung, wenn es um die Frage geht, wie sie ihr Kind am besten durch die Pubertät begleiten sollen.

Wie kannst du eine positive Beziehung zum Teenager aufbauen und eine Atmosphäre schaffen, in der Probleme gemeinsam gelöst werden können?

06  Die Wahl des „richtigen“ Erziehungsstils 

Die Entscheidung, welcher Erziehungsstil der „Richtige“ ist,
müssen Eltern letztlich selbst treffen.

In einer Partnerschaft, in der jedes Elternteil eigene Wege geht und die Ansichten gegebenenfalls weit auseinanderliegen, kann es sein, dass sehr unterschiedliche Meinungen im Raum sind, ausgesprochen oder gelebt werden. Das vereinfacht oft nicht, sondern verzweifacht die Kommunikationsebene bereits aus Sicht der Eltern.

Für jedes Elternteil lohnt sich jedoch, zunächst an die eigenen Teenagerjahre zu denken.

07  Wie war der Erziehungsstil deiner Eltern in deiner Kindheit?

Welchen Erziehungsstil haben deine eigenen Eltern bevorzugt?

Wie hast du dich dabei gefühlt?

Welche wertvollen Botschaften hast du mitbekommen?

Welche Botschaften möchstest du selbst nicht weitergeben?

Wie sehr wirkt der Satz in dir nach…?
„Solange du deine Füsse unter meinem Tisch hast, werde ich….“

Wie könntest du eine Veränderung in Gang setzen,
damit du deinem Teenager auf Augenhöhe begegnen kannst?

Erziehungstile, die unterschieden werden können:

08  Sich unterscheidende Erziehungssstile
Befehle erteilen 

Bei diesem Erziehungsstil setzen Eltern viele Grenzen, er wird auch als autoritär bezeichnet. „Tiger-Eltern“ neigen dazu, ihren Kindern Leistung und Erfolg anzutrainieren. Es werden Strafen und Belohnungen verwendet, um Kontrolle auszuüben.

Hier besteht jedoch die große Gefahr eines Machtkampfes zwischen dir als Eltern/teil und deinem Kind.

Eine mögliche Konsequenz ist häufig die Rebellion des Jugendlichen in Bereichen, die Eltern nicht kontrollieren können – zum Beispiel: Die Wahl der Freunde, Rauchen, Drogen oder Sex.

Manchmal sind Teenager mit autoritären Eltern jedoch auch sehr entmutigt, sie bemühen sich, ihren Eltern zu gefallen.

An der Oberfläche mag diese Art des Familienlebens ideal aussehen, in der Realität lernen die Kinder jedoch nicht, für sich selbst zu denken und Verantwortung zu übernehmen.

09  Sich unterscheidende Erziehungssstile
Nachgeben und gewähren lassen

Andere Eltern/teile akzeptieren die Rebellion ihrer Teenager und lassen sie weitgehend gewähren. Eltern die diesen Erziehungsstil praktizieren, vermeiden häufig Konflikte mit ihren Kindern und setzen keine oder nur wenige Grenzen.

Es ist möglich, dass dieser Erziehungsstil dem Teenager zunächst gut gefällt, schließlich geht auch viel Freiheit damit einher. Die große Gefahr ist jedoch, dass das Kind das Nachgeben als Gleichgültigkeit interpretiert.

Ein typischer Gedanke könnte sein; „Warum sagt mein Vater nie was dazu, wenn ich zu spät heimkomme? Wenn er mich doch liebt, wieso sagt er dann nie, dass er sich Sorgen macht?“

Ohne Grenzen erlernt der Teenager nicht, mit sich selbst zufrieden zu sein oder Veranwortungsbewusstsein zu übernehmen.

10  Sich unterscheidende Erziehungssstile
Helikoptern, Bulldozern und Giesskannenprinzip

Überfürsorgliche Eltern, die sich, wie ein „Beobachtungs-Hubschrauber“ ständig in der Nähe ihrer Kinder aufhalten mit dem Bedürfnis, diese zu überwachen und zu behüten, nennt man Helikopter-Eltern. Sie mischen sich exzessiv in die Angelegenheiten des Heranwachsenden ein.

Bulldozer-Eltern räumen alles aus dem Weg, was nur einigermaßen ein Hindernis für den jungen Menschen darstellen könnte. Eine angehende junge Frau, ein angehender junger Mann, hat hier keine Chance, seine Kraft zu erfahren und selbstwirksam zu sein.

Im Gießkannenprinzip nur „Lob“ auszuschütten ist ebensowenig authentisch und zielführend im Erleben eines Jugendlichen. Wie soll Verhältnismäßigkeit hierbei erlernt werden?

11  Sich unterscheidende Erziehungssstile
Relative Freiheiten als Wahlmöglichkeit
Dieser Erziehungsstil basiert in erster Linie auf Respekt.

Viele Eltern/teile beschweren sich darüber, dass sich ihr Teenager respektlos gegenüber ihnen verhält. Tatsächlich verhalten sie sich selbst häufig nicht respektvoll ihrem Kind gegenüber. Es gilt: Wer respektvoll behandelt werden will, muss sich selbst respektvoll verhalten.

Häufiges Nörgeln oder Schreien ist jedoch auch ein Zeichen von mangelnden Respekt.

12  Entscheidungen treffen lernen 

Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die Jugendliche erlernen müssen, ist es Entscheidungen zu treffen und mit deren Ergebnissen zu leben.

Möglicherweise steht dein Kind vor einer solchen Entscheidung, etwa vor der Frage, welches Handy es sich kaufen soll vom erhaltenen Geburtstags-/ und Weihnachtsgeld oder vom erwirtschafteten kleinen Gehalt des Minijobs.

Ob das Kind aufgrund der persönlichen Situation zu Hause ab 16 Jahren etwas für „Hausgeld“ abzugeben hat oder nicht, sollte ganz klar besprochen werden. Wie auch immer, bleibt deinem Kind in der Regel ein Restbetrag, welches ihm zur Verfügung steht und es sollte darüber eine eigene Entscheidung treffen können.

13  Elterlicher Rat

So ruhig und sachlich wie möglich Stellung zu beziehen und einen ehrlichen Rat zu geben ist wichtig: Denn Eltern dürfen ihre Meinung mitteilen!

Etwa: „Ich glaube, das Handy für 400 Euro ist zu teuer, es gibt auch günstigere, außerdem ist dein ganzen Geld weg, falls du es verlierst.“

Entscheidet sich das Kind dagegen, muss diese Entscheidung respektiert werden, selbst wenn es die „falsche“ Entscheidung war und das Handy am Ende verloren geht.

Aus der einfachen Konsequenz, dass die Eltern dem Kind kein neues Handy bezahlen werden, regelt sich so einiges. Was wäre gewesen, wären die Eltern für ein neues Handy aufgekommen? Dann hätte das Kind nicht gelernt, mit der Konsequenz seiner Entscheidung zu leben.

14  Beziehung aufbauen

Auch wenn sich Teenager typischerweise von ihren Eltern abkapseln und selbstständig werden, ist es trotzdem wichtig, eine gute Bindung beizubehalten.

Es handelt sich bei Jugendlichen eben noch um „junge Erwachsene“, die in vielen Fragen und Lebenssituation auf die Erfahrung der Eltern angewiesen sind, auch wenn sie es anders sehen. 

Elterliche Erfahrungen und Ratschläge werden vom Kind besser angenommen, wenn es mit den Eltern eine beständige Beziehung in unterschiedlichen Gefühlslagen pflegt.

Das Entlassen aus der Kinderstube ist immer wieder ein Streben nach Autonomie und Selbstermächtigung im Wechsel zur Suche um das Wissen des geborgenen Hafens und des „beschützt-werdens“ in harten Zeiten.

15  Freude haben und Lachen können 

Humor kann in vielen Situationen entschärfen und Nähe schaffen, insbesondere wenn du als Elternteil bereit bist über dich selbst und eigene Schwierigkeiten zu lachen:

„Fähler“ machen dürfen
Schwächen anerkennen
Happy Mistake
Beautiful Drama

The flow is more than the rule –
Im Fluß zu bleiben ist mehr als sich innerhalb starrer Regeln zu bewegen

Auch gemeinsame Aktivitäten oder nur ein freundliches: „Guten Morgen!“ ohne Unterton können die Beziehung bereits verbessern, auch wenn dieses auch mal nicht vom Kind zurückgegeben wird.

16  Ermutigung geben

Jeder Mensch braucht Ermutigung, um sich fähig und geliebt zu fühlen. Indem wir Qualitäten an unserem Teenager bemerken und sie diesem emphatisch mitteilen, wird sich der/die Jugendliche selbst mehr mögen.

Ermutigung bedeutet auch, Fehlern weniger Bedeutung beizumessen und sich mehr auf die Stärken zu konzentrieren.

17  Liebe zeigen

Eltern können die Liebe zu ihrem Kind durch Worte oder auch ohne viel Worte und durch Handlungen zum Ausdruck bringen, indem sie sagen: „Ich hab dich lieb“, oder etwas tun, von dem sie wissen, dass ihr Kind es gerne mag- zum Beispiel indem sie ohne großes „Drum-Rum“ das Lieblingsgericht kochen 

18  Verbote und Konsequenzen

Teenager lernen Entscheidungen zu treffen, die sich von denen unterscheiden, die ihre Eltern für sie treffen würden.

Das ist ganz normal, die meisten von uns haben das selbst in ihren Teenagerjahren genauso gemacht. Die wenigsten dieser Entscheidungen sind gefährlich und verantwortungslos. Wann ist aber der Zeitpunkt gekommen, sich einzumischen?

Die erste Frage die Eltern sich in einer solchen Situation stellen müssen ist:

19  Gibt es ein tatsächliches Problem?

Hierbei helfen folgende Fragen:

  1. Wessen Rechte werden missachtet?
  2. Könnte jemand verletzt werden?
  3. Könnte das Eigentum von jemand beschädigt werden?
  4. Ist unser Kind unfähig, diese Verantwortung zu übernehmen?

Je nachdem, wer vom vorliegenden Problem betroffen ist, und wie schwerwiegend etwaige Konsequenzen sind, müssen Eltern entscheiden, sich zurückzuziehen oder Hilfestellung anzubieten, zu leisten und die Verantwortung zu übernehmen.

Themen des Teenagers sind insbesondere Taschengeld, Frisur, Kleidung und Musik.

Themen wie Kriminalität, Drogen oder Schulprobleme sind Probleme, die Eltern und Kind gemeinsam betreffen.

20  Respektvoll kommunizieren 

„Communication is the key“ ist ein bekanntes englisches Sprichwort, welches die Bedeutung von Kommunikation auf den Punkt bringt. Übersetzt heißt es: „Kommunikation ist der Schlüssel“. Dies trifft auf sämtliche Lebenssituationen zu und hängt natürlich stark davon ab, welche Art der Kommunikation gewählt wird.

Zu häufig verfallen wir in Du-Aussagen, wenn wir auf etwas aufmerksam machen wollen, was uns nicht passt.

Typische Du-Aussagen sind:

„Du sollst damit aufhören!“
„Du hättest das besser wissen müssen!“
„Du machst mich so wütend!“

Sehr selten entfalten diese Aussagen die gewünschte Wirkung, da sie den Teenager dazu animieren, sich zu streiten. Sie wirken entmutigend und fördern keine Kooperation.

21 Respektvolle Kommunikation konsequent beibehalten

Besser sind Ich-Aussagen. Diese zielen darauf ab, nur mitzuteilen, wie wir uns selbst mit einer Situation fühlen, anstelle in Anschuldigungen zu verfallen.

Typische Ich-Aussagen können sein;

„Wenn du nicht anrufst, mache ich mir Sorgen, weil ich nicht weiß, wo du bist“.

„Wenn du deinen Teller nicht aufräumst, bin ich richtig sauer, weil ich es dann machen muss“.

„Wenn die Milch nicht im Kühlschrank steht, bin ich verärgert, weil sie sauer wird“.

Eine Ich-Aussage besteht also immer aus drei Teilen:

  1. Wenn.. die Herdplatte angelassen wird.
  2. bin…. ich besorgt.
  3. weil….ein Feuer entstehen könnte.

Wir sprechen also zunächst den Zustand an, der uns stört.
Im nächsten Satz erläutern wir unsere Gefühle dazu
und begründen diese anschließend.

Diese Form von Kommunikation lässt Raum für einen respektvollen Austausch und ermöglicht es, Misstände nachvollziehbar mitzuteilen.

Besteht eine Gefahr für unser Kind oder Andere beziehungsweise deren Eigentum, dann kann es von Nöten sein, ein Verbot auszusprechen.

Auch wenn darauf Protest folgt, ist es in seltenen Fällen unausweichlich, die Verantwortung gänzlich zu übernehmen.

Es sollte jedoch immer darauf geachtet werden, dem Teenager unsere Entscheidung in Ich-Aussagen zu erklären und auch hier, falls möglich, Entscheidungsmöglichkeiten anzubieten. 

22  Begleitung durch die Zeit der Pubertät

Eine gute Beziehung zu unserem Kind ist das Grundlegendste und Allerwichtigste, um es gut durch die Pubertät zu begleiten.

Die Arbeit für eine solche Beziehung beginnt immer erst bei den Eltern selbst.

Eltern sollten einzeln und gemeinsam als Eltern reflektieren, welche Werte sie in ihrer Erziehung vermitteln wollen.

Du kannst auf dein Kind nicht mehr den gleichen Einfluss nehmen, wie noch zu Grundschuljahren, stattdessen kannst du deinem Kind Angebote machen, respektvoll zu kommunizieren und sich gegebenfalls zu erklären.

Du kannst dein Kind ermutigen, indem du seine Stärken erkennst und ihm diese auch mitteilst.

Je besser, die Beziehung zu deinem Kind ist, desto eher wird es über einen gut gemeinten Rat nachdenken, bevor es eine Entscheidung trifft.

„Solange du deine Füsse unter meinen Tisch stellst, werde….
ich dich lieben!!!“
und
wenn du eines Tages gehst,
werde ich dich… lieben!

Mehr zu diesen Themen erfährst du im vorherigen und weiteren Blogartikel.

Zur Klärung deiner Beziehungen empfehle ich dir eine Einzelsitzung oder Biografie-Arbeit in Präsenz oder Online.

Zur Vertiefung der Thematik empfehle ich dir die Teilnahme an meinen Seminaren. 

Mit Anmeldung zu meinem Newsletter erhältst du immer wieder Zugang zu weiteren liebevoll aufbereiteten Themen und als Dankeschön mein

E-Book: „12 Schritte zur Selbstliebe“

Bildrechte Copyright:

kalisa-veer-jnTmteFp294-unsplash

Zur Vertiefung der Thematik empfehle ich dir die Teilnahme an meinen Seminaren zum Beispiel "Biografiearbeit"

Hier gelangst du zum E-Book für 0 Euro "12 Schritte zur Selbstliebe"

Nach oben scrollen