Bindungstrauma, Entwicklungstrauma

Was sind die dynamischen Faktoren, welche bei Menschen, die schon früh belastende Erfahrungen gemacht haben körperliche und psychische Veränderungen hervorrufen? Die Auswirkungen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, doch zentrales Erleben ist immer ein überwältigendes Gefühl der Ohnmacht. 

01  Entwicklungtrauma, Schocktrauma

Nicht immer sind Traumafolgen auf mangelhafte Erziehung und Misshandlung zurückführen. Sie können genauso gut von medizinischen Verfahren, Geburtskomplikationen, katastrophalen Ereignissen und anderem herrühren.

Schocktraumata entstehen, wenn wir lebensbedrohliche Situationen erleben, in denen unsere Fähigkeit, adäquat und effektiv zu reagieren, verloren geht.

Im Gegensatz dazu können Menschen, die durch permanente emotionale und physische Misshandlung oder emotionalen oder körperlichen Missbrauch in ihrer Kindheit traumatisiert wurden, unter einem Entwicklungstrauma leiden.

02  Bindungstrauma 

Insbesondere Erfahrungen im Kontext der Ursprungfamilie sind oft sehr verstörend für ein Kind und einen heranwachsenden Menschen. Missachtung, Bestrafung, Bloßstellung, leistungsfordernde oder emotional fordernde Verhaltensweisen der Eltern zum Beispiel können zu großer Verunsicherung des Kindes, zu Verwirrung und zu innerem Chaos führen.

02 Was ist Resilienz

Was ist die Folge von Hilflosigkeit, welche in einem frühen Leben entstanden ist?

Und wie können Betroffene handlungsfähiger und selbstbestimmter lernen zu leben und resilienter leben?

Als Resilienz ist die Fähigkeit gemeint – allen Widrigkeiten zum Trotz – positive mentale, emotionale, soziale und spirituelle Lebenskräfte zu entwickeln oder weiterzutragen.

03 Schutzfaktoren um resilient zu sein

Folgende Schutzfaktoren fördern das Entstehen von Resilienz, selbst bei erheblichen Belastungen:

  • Die Erfahrung von Solidarität eines Erwachsenen
  • das Gefühl der Selbstwirksamkeit und das Bewusstsein von Kontrolle über die Umwelt
  • die Fähigkeit zu Anpassung und Selbstkontrolle
  • die Möglichkeit, aus Glaube, Hoffnung und kulturellen Ritualen oder Traditionen Kraft zu schöpfen

04  Erste Folgen eines Bindungs- und Entwicklungstrauma

Durch traumatische Erfahrung werden Schutzfaktoren beeinträchtigt abhängig davon, auf welche Art sich Hindernisse im Leben zeigen oder sich ähnlich erlebte Situationen/Zustände wie als Wiederholung im Leben manifestieren.

Die innere Erlebniswelt eines Kindes kann über die Maßen belastet sein: Verletzlich und traurig sein, ärgerlich und wütend sein, sind dabei normale Gefühlsempfindungen. Das emotionale Zentrum im Gehirn ist permanent in Übererregung und Alarmbereitschaft. 

05  Der Wunsch nach Zugehörigkeit ist groß

Die aus der primären Liebe – „liebende Hinbewegung“ zur Bindungsperson – wird jedoch immer wieder unterbrochen. Das Vertrauen zerbricht und ein Kind kommt in eine Patt-Situation: Es kann aus dem Bindungssystem nicht austreten! – es ist schließlich abhängig von diesem „nährenden System“.

Manchmal gibt es in der Familie oder in der Sippe oder in der näheren Umgebung jemanden, der die Not des Kindes sieht und vielleicht mehr Geborgenheit und gesunde Nähe geben kann. Doch manchmal gibt es da auch niemanden und das Kind ist verlassen, alleine und im größten Ausmaß hilflos.

Das chronische Gefühl des Getrenntseins, des „nicht zugehörig seins“, das Gefühl „keinen Platz zu haben“ ist jedoch in vielerlei Hinsicht, vor allem im zwischenmenschlichen Erleben allgegenwärtig und bis in das Erwachsenenalter hinein wirksam.

06  Überleben 

Wenn eine Kindseele auf diesem Erdenrund bleibt, dann muss sich diese kindliche Persönlichkeit zwangsläufig  Bewältungsstrategien angeeignen, um Angst und von anderen als negativ bewertetes Sozialverhalten zu überspielen.

Primäre Gefühle wie Trauer, Ärger oder Wut sind bei gestressten oder selbst überforderten und verunsicherten Eltern genau so wenig gerne gesehen, wie der hilflose Ausdruck des Kindes durch impulsives und undiszipliniertes Verhalten.

07  Verlassen sein und Selbstabwertung

Einstellungen wie

Ich bin falsch
ich darf nicht da sein
ich bin zu viel
ich werde nicht gesehen

resultieren auf Selbstabwertungen, die auf früheren Verletzungen beruhen, die das Gefühl des „verlassen seins“, „alleinseins“ hervorruf(t)en.

Verletzungen müssen nicht per se zu einem Trauma führen, sondern dieses „Ich bin damit allein gelassen worden“ schafft Ohnmacht und Hilflosigkeit. „Schlechte“ Körperempfindungen gehen diesem Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit oft voraus.

08  Mir ist schlecht –  „ich bin schlecht“

Wenn einem Kind schlecht ist, es ständig Bauchschmerzen hat, sich ganz unwohl fühlt, kann es dies nicht zuordnen. Sehr häufig verstoffwechselt es „das Schlecht-Sein“ in einer

Selbstschädigenden Schlussfolgerung:
„Schlecht sein“ muss bedeuten

„Ich bin schlecht“,

„Ich bin schuld“,

„Nur weil ich da bin, geht es anderen schlecht“,

„Nur weil ich so bin, wie ich bin, geht es anderen schlecht“.


09  Zunächst keine Wahl

Als Kind haben wir keine andere Wahl als dieses üble Gefühl wegzudrücken, abzuspalten, um weiterhin funktionieren zu können: Um selbst weiter leben zu können und um der Familie gegenüber loyal bleiben zu können.

10  Irgendwie musst du es schaffen

Naheliegende Bewältigungsstrategien/Überlebensmodi im Umgang mit täglicher Verzweiflung des Kindes sind:

Kompensieren durch „Sich dagegen wehren“ (kämpfen), was oft erfolglos bleibt und im schlimmsten Fall weitere Maßnahmen von Bindungspersonen nach sich zieht. 

Das Problem vermeiden (flüchten): Dies hat ebenso kurze Beine: Weglaufen möchte vermutlich jedes Kind einmal in seinem Leben. doch wohin?

Sich hart und steif, unfühlend zu machen (Freeze) ist ein (un)toter Zustand und ist der letzte Versuch sich der Situation zu entziehen. 

Sich vollständig aufgeben, sich unterwerfen (totstellen): Sich gänzlich unsichtbar machen, gar nicht mehr da sein, ist nicht mehr weit von gar nicht mehr am Leben oder hier sein zu wollen.

11  Hilfe suchend

Du glaubst an deinen heilen Kern in dir.

Unterstützung erfahren wir als Kind durch jemand, der gut auf uns schaut und durch die Zuwendung zu Tieren, zu Engelswesen, dem Naturreich, Elfen, Feen.

Der psychologische Fachbegriff zu dem Vorgang des geistigen Wegdriftens, des Weggehens in Traumwelten, das „nicht präsent im Körper-Sein“ sein, lautet Dissoziation.

12  Aus-Flucht – Dissoziation

Zwar dissoziieren wir alle, um uns von der Flut der Sinneserlebnisse zu schützen – wir kennen es, wenn wir bei Tätigkeiten im Alltag mit den Gedanken woanders sind – doch das Ausmaß ist entscheidend und vor allem, ob die Motivation des inneren Weggehens die Flucht vor dem Körper-Spüren ist.

Viele Kinder gehen mit ihrem inneren Schutzengel, ihrem inneren Feuer, ihrem heilen innersten Kern weiter durchs Leben. Zu einem späteren Zeitpunkt wird diese innere Kern, dieses innere Feuer bewusst aufgesucht und gestärkt zum Beispiel durch Mystik, Gebet oder Meditation. Andrerseits kann toxisches Sucht-Verhalten, der unbewussten Suche nach tiefem Verbundensein und Kontakt gleich kommen.

13  Was fehlt?

Das was fehlt, ist,
dass du Verbundensein spürst,
Kontakt,
Einstimmung auf dich
und Vertrauen.

Richtig wäre gewesen: Wenn du eine schlimme Erfahrung gemacht hast und du kannst zu Mama oder Papa gehen und sagen, das war ganz schlimm und sie nehmen dich ernst, sie stimmen sich auf dich ein und sie helfen dir, das zu verdauen, was du empfunden oder erlebt hast:

Dann bist du mit deinem Erlebten nicht alleine. Haltgebende Bindungspersonen können deine Empfindungen auch in einem größeren Kontext sehen und dir helfen deine Erfahrungen einzuordnen und dir den Rücken stärken, deiner Seele und deinem Herz helfen sich zu bewahren und deinem Selbst, deinem Dasein, seinen vollen Wert geben.

14  Ins Leere laufen

Durch toxische Sucht und durch spirituelle Sehn-Sucht, die „einfach nur weg will“ – OHNE integrative Erdanbindung – erleben Menschen oft dasselbe immer wieder, was sie schon kennen: Tiefe Leere und/oder Kontaktlosigkeit.

Ihre Suche ist auf frühere Verluste und Mangel gegründet. Der Rat „du musst alles loslassen“, „du musst die Kontrolle aufgeben“ stürzt dadurch manche Suchende in eine Reinszenierung ihrer früheren traumatischen Situation: Da ist wieder niemand, da ist wieder nichts.

Wenn starke Ängste auftreten, ist es immer ein Zeichen dafür, dass eine Ich-Verlust-Erfahrung an frühere traumatische Erfahrungen andockt. Diese können mit sehr bedrohlichen Gefühlen einhergehen wie zum Beispiel „ich verschwinde“ und benötigen unbedingt einen achtsamen traumsensiblen Umgang.

15  Was braucht es?

Zunächst braucht es Raum und Zeit um DA sein zu dürfen, naheliegend und am sinnvollsten ist dies in einer therapeutischen Begleitung.

Weiterhin ist es gut, sich in diesem Raum zumuten zu dürfen.

Da ist ein Gegenüber, welches nicht zusammenbricht, wenn du dich mit deinen Ängsten zeigst.

Dein Gegenüber schaut mit Wohlwollen und Mitgefühl auf dich.

Ein echtes, authentisches Gegenüber, wo du dich nicht aus Angst entfernen musst, keine Bewältigungsstrategie abliefern musst, jedoch darfst, um dich selbst Schritt für Schritt besser kennenzulernen.

Ein Gegenüber, von dem du gesehen wirst.


16  Verlustangst – wie gehst du mit dir um?

Nicht loslassen können/wollen oder wollen/können ist Teil der „schlechten Erfahrung“. Dagegen braucht es nicht deinen Widerstand, sondern deine Anerkennung des Teils, der gerade festhält.

So gibt es auch einen Teil in dir, der will/kann gerade nicht fühlen. 

Druck braucht es nun keinen mehr – Mitgefühl sehr wohl.

Nichts verändern wollen. Annehmen, was ist.

Mitgefühl zu dir hin, mit dem, was jetzt gerade so das ist, wie es ist und keine Veränderung benötigt. 

17  Daueranstrengung, Schuld und Scham – adieu 

Dich nicht wieder anstrengen müssen, irgendwo hinzukommen.

Gedanken wie „ich schaffe es nicht“, „ich habe es wieder nicht geschafft“: Lassen – nicht bewerten

Deine Bedürftigkeit wahrnehmen.

Wenn Scham deine Selbst-Abwertung in Sätzen formuliert wie  „ich bin nicht richtig“, „ich habe es nicht verdient“ etc., dann machst du dich also falsch, schlecht und schuldig für dein So-Sein.

Schuldbasierte Identifikationen sind Verzerrungen. Sie rühren aus fremden Zuschreibungen, die dir als Kind übergestülpt wurden. Als Kind hast  du dich den Erwachsenen angepasst und ihre Projektionen erfüllt. Du hast ihnen geglaubt. Du konntest es nicht besser wissen, du kannst nichts dafür.

18  Stress – den Körper zusammenziehen 

All dein Stress, das anders machen zu wollen, hat deinen Körper kontraktiert und hat andere schlimme Folgen und ein „Strampeln“ nach sich gezogen. Spüre nach:

  • Was musst du immer tun, um in Kontakt zu kommen?
  • Was musst du immer tun um Kontakt zu halten?
  • Was musst du immer tun, um um jeden Preis unabhängig sein zu können?
  • Was musst du immer tun, um auf jeden Fall die Bedürfnisse der anderen zu erkennen?

Wieviel Entscheidungen triffst du, aus diesen Beweggründen heraus?

Du versprichst dir Sicherheiten, wo in dir keine gefühlte Sicherheit ist?

Aus einem schambasierten Selbstbild heraus stellst du dir andauernd die Frage: Wie muss ich sein, um geliebt zu werden?  

Du kannst dich für alles schämen oder du sagst: Okay, so ist es halt. Sich nicht mehr schämen für die Scham ist ein erster Schritt um in radikale Selbstliebe zu gehen. 

19  Existenzielle Bedrohung 

Geburtstraumen oder Einflüsse in der Schwangerschaft zum Beispiel sind manchmal nicht bewusst. Ein Schmerz, den du heute (noch) nicht zuordnen kannst oder eine nicht definierbare Sehnsucht, erinnert möglicherweise an eine alte Seelen/Wunde.

Eltern sind auch nur Menschen, sie vergessen, verdrängen oder verheimlichen auch manches. Auch kleine ungeborene oder geborene Kinder sind manchmal gänzlich überfordert. Vielleicht ist es leichter zu gehen als zu bleiben?

Ein liebevolles sich Öffnen, mehr spüren zu wollen, mehr „wissen“ zu wollen, lässt manches Mal eine Türe aufgehen und Altes kommt plötzlich an die Oberfläche, will gesehen werden, gewürdigt werden, Wahrhaftigkeit geschieht.

20  Ursehnsucht

Schicht für Schicht kann es sein, dass wir in Kontakt kommen mit der tief sitzenden existenziellen Urwunde des Menschen.  Eine Hilfestellung, um diesen Urschmerz aushalten zu können, mag die Ursehnsucht sein. Sie möchte uns wieder verbinden mit dem was wohl/scheinbar verloren ging.

21  Kein Sterben  – Ewigkeit 

Urschmerz – damit sein und selbst erfahren: Du stirbst nicht daran. Wenn du den Urschmerz halten kannst, in dir, im Geborgen-Sein, spürst du Verbindung, Verbindung zum Leben…

mehr dazu in einem späteren Blog-Artikel.

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